Das kürzlich geführte Interview mit Precyl und Karsten Blicker ergab so viele zusätzliche Informationen, dass sie einen zweiten Beitrag wert sind. Persönlich finde ich es ohnehin bedeutsam und anregend zu sehen, wie vielfältig die Bürger/innen unserer Gemeinde sind. Die Rabinos haben schon lange die deutsche Staatsbürgerschaft und fühlen sich in Deutschland wohl und sicher.






Sibuyan Island ist eine von rund 7000 philippinischen Inseln, von denen ca. 1000 bewohnt sind. Sie liegt in den Tropen, 1300 km nördlich des Äquators und 1300 km östlich der vietnamesischen Küste. Um von Sibuyan in die Hauptstadt Manila zu gelangen, ist man zwischen 14 und 20 Stunden mit Bus und Fähren unterwegs. Die Insel ist 450km² km groß und hat 56000 Einwohner. Es gibt nur eine Straße, die rund um die Insel führt. Sie liegt nahe der Küste und würde bei steigendem Meeresspiegel dauerhaft überschwemmt werden. Rund um den Mount Guiting-Guiting mit einer Höhe von 2058 m wurde ein Drittel der Insel zum Nationalpark erklärt. Der Berg verhindert, dass man quer durch die Insel fahren kann.
An dieser Straße haben die meisten Häuser feste Dächer. In den Dörfern, die durch Stichstraßen erschlossen werden, geht es einfacher zu. Das gilt auch für die Gegend, aus der die Rabinos stammen. Die Fotos oben zeigen, zu welchen Zwecken die langen Wedel der Kokospalme verwendet werden. Die daraus geflochtenen Matten werden zum Dachdecken verwendet, teilweise dienen sie auch als Hauswände. Man lebt vor allem von Fischfang und Landwirtschaft, besonders Reisanbau. Die Menschen sind offenbar sehr musikalisch, singen und spielen Instrumente. Der Vater der Schwestern leitete sogar ein kleines Orchester – und er kochte gut. Da es auf der Insel kaum Chancen gab, zog die Familie nach Manila. Leichter wurde es dadurch auch nicht.
Dann suchte ein Musikmanager eine Bass-Gitarristin für eine philippinische Band in Rüdesheim. Precyl fuhr einfach los. Ein Jahr später folgte ihre Schwester Flor und dann auch Nitz. Zu dritt wechselten sie bald nach Gießen zur Cover- and Show Band SpeedLimit. youtube.com/watch? Das brachte ihnen Auftritte in ganz Europa. Aber irgendwann wollten sie sesshaft werden. Über den „Gießener Weg“ des Arbeitsamtes machten Flor und Precyl eine Ausbildung zur Köchin. Danach erhielten sie viel Unterstützung durch den SpeedLimit Bandleader Rüdiger Winter, der mit ihnen 2014 gemeinsam in den Gasthof „Zum Hirsch“ einstieg. Seit 2015 führt Flor Rabino die Gaststätte in Eigenregie. Anfangs bot sie nur deutsche Speisen an. Doch die Gäste fragten nach philippinischer und anderer asiatischer Küche, die mittlerweile den Hauptanteil der servierten Speisen ausmacht. Man kann die Schwestern immer mal zwischendurch singen und spielen hören.
333 Jahre herrschten die Spanier über die Philippinen. 1898 wurden diese im spanisch-amerikanischen Krieg von den USA besiegt. Die Herrschaft der USA dauerte bis 1946. Aber sie führte dazu, dass das Schulsystem auf den Philippinen stark an das US-System angelehnt ist: Ein Jahr Kindergarten und sechs Jahre Grundschule, danach die High School. Die Grundschule ist zwar kostenlos, aber mit Kosten für Uniformen und Schulmaterial verbunden. Für alle weiterführenden Schulen ist Schulgeld zu zahlen. Viele für den Unterricht benötigten Dinge sind auf der Insel schwer zu bekommen.
Die Rabino-Blickers sammeln noch bis Mitte Dezember. Siehe dazu den ersten Artikel Königsberg Schulsachen für Sibuyan Dann wird sortiert und gepackt und versendet. Im Mai/Juni will die Familie nach Sibuyan Island fliegen und die gespendeten Dinge selber vor Ort verteilen.
Fotos Flor Rabino, Screenshots Eveline Renell
Quellen: Karsten Blicker, Precyl Rabino; Wetzlarer Neue Zeitung Oktober 2024

